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Gericht: Landesarbeitsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 31.10.2001
Aktenzeichen: 4 Ta 76/01
Rechtsgebiete: ZPO, KSchG, ArbGG
Vorschriften:
ZPO § 85 Abs. 2 | |
ZPO § 234 | |
ZPO § 567 Abs. 2 Satz 1 | |
ZPO § 577 Abs. 2 | |
KSchG § 4 | |
KSchG § 5 | |
KSchG § 5 Abs. 3 | |
KSchG § 5 Abs. 4 Satz 2 | |
ArbGG § 78 |
Landesarbeitsgericht Bremen BESCHLUSS
Aktenzeichen: 4 Ta 76/01
In dem Beschwerdeverfahren
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen vom 01.08.2001 - Az.: 7 Ca 7051/01 - abgeändert.
Die Kündigungsschutzklage wird nachträglich zugelassen.
Gründe:
I
Der Kläger war seit Juni 1989 bei der Beklagten als Fliesenfachverkäufer, zuletzt als Geschäftsleiter für Baustoffhandel in Rumänien eingesetzt. Die Beklagte beschäftigt mehr als fünf vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, ausgenommen die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Ein Betriebsrat ist nicht gebildet.
Der Kläger hielt sich in der Zeit vom 02.01. bis 27.01.2001 in Rumänien auf. Mit Schreiben vom 04.01.2001, das dem Kläger am selben Tag in Rumänien zugegangen ist, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos. Der Kläger kehrte am 28.01.2001 aus Rumänien zurück. Am 30.01.2001 erhob er Kündigungsschutzklage und beantragte die nachträgliche Zulassung dieser Kündigungsschutzklage. Die Anträge wurden in der Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts aufgenommen.
Der Kläger hat in erster Instanz vorgetragen und durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht, dass er nach erfolgter Kündigung die deutsche Botschaft in Bukarest aufgesucht habe, die sich zwar wegen seiner amerikanischen Staatsangehörigkeit für nicht zuständig erklärt, ihm jedoch mitgeteilt habe, dass die Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage vier Wochen betrage. Erst beim Arbeitsgericht Bremen habe er erfahren, dass die Frist zur Klageerhebung drei Wochen betrage.
Der Kläger behauptet ferner, er habe sich völlig mittellos in Rumänien aufgehalten und deshalb die Kündigungsschutzklage nicht erheben können. Die Rückkehr nach Deutschland sei ihm erst möglich gewesen, als sein Bruder ihm Geld für eine Busfahrkarte überwiesen habe.
Der Kläger hat zu Protokoll der Rechtsantragsstelle beantragt,
1. die nachfolgende verspätete Klage nachträglich zuzulassen,
2. festzustellen, dass die mit Schreiben vom 04.01.2001, erhalten am 04.01.2001, ausgesprochen fristlose Kündigung rechtsunwirksam ist und das Arbeitsverhältnis dadurch nicht zur Auflösung gekommen ist, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
Die Beklagte beantragt in ihrem Schriftsatz vom 22.03.2001,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat erwidert, dem Kläger sei die korrekte Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage bekannt gewesen. In einem zwischen ihren Prozessbevollmächtigten und dem Kläger Mitte Januar 2001 geführten Telefonat habe der Kläger selbst erklärt, dass er sich sowohl bei der Angestelltenkammer als auch bei einem Rechtsanwalt hinsichtlich der Einlegung der Kündigungsschutzklage erkundigt und mitgeteilt habe, dass er, sofern eine Einigung mit der Beklagten nicht erfolge, Klage einreichen werde. Auch habe der Kläger die Möglichkeit gehabt, rechtzeitig Klage zu erheben.
Der Kläger hat in erster Instanz bestritten, gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten erklärt zu haben, er habe sich Rechtsrat bei der Angestelltenkammer und einem Rechtsanwalt eingeholt. Dies sei auch tatsächlich nicht geschehen. Er habe dem Prozessbevollmächtigten lediglich mitgeteilt, dass er einen Anwalt einschalten werde und sich bei der deutschen Botschaft erkundigt habe.
In der mündlichen Verhandlung am 01.08.2001 gaben der Kläger und der Prozessbevollmächtigte der Beklagten jeweils eine eidesstattliche Versicherung hinsichtlich des Inhalts des zwischen ihnen Mitte Januar 2001 geführten Telefonats ab.
Das Arbeitsgericht Bremen hat am 01.08.2001 den folgenden Beschluss verkündet:
Der Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage wird zurückgewiesen.
Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf Bl. 49 bis 52 d. A. verwiesen.
Dieser Beschluss wurde dem Kläger am 23.08.2001 zugestellt. Der Kläger hat mit einem am 12.09.2001 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat bzgl. des Wiedereinsetzungsantrags vorgetragen, er habe die Beschwerde am 21.09.2001 gefertigt. Den Schriftsatz habe er am Abend dieses Tages per Telefax an das Landesarbeitsgericht gesendet. Die Telefaxnummer sei dem amtlichen Telefonbuch für Bremen und hier der Seite "Anzeige der Landesregierung", entnommen. Die Telefaxnummer sei dort mit 3615679 angegeben. Am nächsten Morgen sei das Fax von der Musikschule Bremen an ihn zurückgesandt worden. Erst jetzt habe er erkennen können, dass die Annonce im Telefonbuch eine falsche Nummer enthalte und gleichzeitig diese Nummer noch einem anderen Faxanschluss zugeordnet sei. Die Fristversäumnis könne dem Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht angelastet werden, da das fristwahrende Telefax vom Prozessbevollmächtigten an die Telefaxnummer gegangen sei, welche in der Anzeige der Landesregierung für den Faxanschluss des Landesarbeitsgerichts genannt sei. Da sich aus dem Faxprotokoll ergebe, dass die Übertragung des Schriftsatzes vollständig sei, habe der Prozessbevollmächtigte davon ausgehen können, dass die Frist gewahrt sei.
Zur Glaubhaftmachung hat der Prozessbevollmächtigte hat der Prozessbevollmächtigte die Seite 483 des Telefonbuches der Deutschen Telekom und die Kopie der Antragsschrift mit Kennungszeilen des absendenden Telefaxgerätes und des Telefaxgerätes der Musikschule Bremen, von dem aus die Antragsschrift an den Prozessbevollmächtigten des Klägers zurückgesandt wurde, als Anlagen beigefügt.
In der Sache weist der Kläger noch einmal darauf hin, dass er mittellos gewesen sei, bis er am 24.01.2001 von seinem Bruder das Geld für eine Busfahrkarte nach Deutschland erhalten habe. Er habe daraufhin unverzüglich die Heimreise nach Deutschland angetreten und sei dort am 28.01.2001, einem Sonntag, angekommen. Am 31.01.2001 habe er Kündigungsschutzklage erhoben. Der Kläger habe keinen Anwalt beauftragen können, da er mittellos gewesen sei. Der Kläger habe auch nicht Rechtsrat bei der Angestelltenkammer und einem Rechtsanwalt erhalten und dies auch nicht dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten mitgeteilt.
Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen vom 15.08.2001, Aktenzeichen 7 Ca 7051/01, abzuändern und die Kündigungsschutzklage des Klägers vom 30.01.2001 nachträglich zuzulassen und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Die Beklagte hat in der Beschwerdeinstanz keinen Antrag gestellt und zur Beschwerdeschrift nicht Stellung genommen.
II
A Die Beschwerde ist zulässig.
Gegen die Versäumung der Beschwerdefrist war dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
1. Gegen die Versäumung der Frist des § 577 Abs. 2 ZPO ist grundsätzlich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig (vgl. OLG Schleswig SchleswHA 1993 S. 172; Baumbach/Lauterbach/Albers ZPO 59. Aufl. § 577 Rdz. 5).
2. Die Versäumung der Beschwerdefrist beruht nicht auf einem dem Kläger gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seines Prozessbevollmächtigten.
a) Das Bundesarbeitsgericht hat in der Entscheidung vom 25.01.2001 - Az.: 8 AZR 525/00 - darauf hingewiesen, dass die Verwendung der richtigen Empfängernummer im Telefaxverkehr der Adressierung eines Schriftsatzes gleich kommt. Deshalb müsse ein Rechtsanwalt bei Übermittlung fristgebundener Schriftsätze mittels Telefax durch organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass der Sendebericht nicht nur auf vollständige und fehlerfreie Übermittlung des Textes, sondern auch auf die richtige Empfängernummer abschließend kontrolliert wird. Bei der Ermittlung der Telefaxnummer bei der Telekomauskunft sei zu berücksichtigen, dass die Auskunft mit der Gefahr von Irrtümern behaftet sei, die sich infolge von Sprech- oder Hörfehlern ergeben könnten. Werde dem Prozessbevollmächtigten von der Telekomauskunft jedoch eine falsche Nummer genannt, schließe dies ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten des Klägers aus, da er auf die Richtigkeit der automatischen Auskunft der Deutschen Telekom vertrauen dürfe. Die automatische Auskunft der ehemals staatlichen Deutschen Telekom über eine Faxnummer sei ähnlich zuverlässig, wie eine in einem gebräuchlichen Behördenverzeichnis enthaltene Faxnummer. So habe der Bundesgerichtshof die im "Ortsverzeichnis der Gerichte und Finanzbehörden des Deutschen Anwaltsverlages" enthaltenen Telefaxnummern als zuverlässig angesehen.
b) Diese vom Bundesarbeitsgericht zu Recht aufgestellten Grundsätze gelten auch für den Fall, dass ein Kläger oder sein Prozessbevollmächtigter die Telefaxnummer einem von der Deutschen Telekom AG herausgegebenen Telefonbuch entnimmt.
Im Telefonbuch Nr. 11, das im Impressum ausdrücklich darauf hinweist, dass es sich um das Telefonbuch der Deutschen Telekom AG handele, ist in der Ausgabe 2001/2002 unter "Landesregierung Bremen" der Hinweis auf eine Anzeige auf Seite 472 zu finden. Unter der generellen Überschrift "Landesregierung/Stadtverwaltung" finden sich auf dieser und weiteren Seiten die Telefonnummern und Telefaxnummern aller bremischen Behörden und Gerichte. Unter Landesarbeitsgericht ist auf Seite 473 als Telefaxnummer die Nummer 3615679 angegeben. Die richtige Telefaxnummer lautet jedoch 3616579. Richtig ist auch - wie demselben Telefonbuch entnommen werden kann -, dass die Musikschule Bremen dort mit der Faxnummer 3615679 verzeichnet ist.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat damit alles ihm nur zumutbare getan, um am letzten Tag der 14-Tages-Frist diese zu wahren. Er durfte auf die Richtigkeit der Angaben der Landesregierung im Telefonbuch der Deutschen Telekom AG vertrauen.
c) Die Frist wäre auch gewahrt gewesen, wenn die verwendete Telefaxnummer die des Landesarbeitsgerichts gewesen wäre. Sie lief am 06.09.2001 ab, da der mit Rechtsmittelbelehrung versehene Beschluss des Arbeitsgerichts dem Kläger am 23.08.2001 zugestellt worden war. Wie dem Sendeprotokoll zu entnehmen ist, hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers an diesem Tag um 21.32 Uhr an die Nummer 3615679 14 Seiten gesendet. Durch Vorlage des Sendeprotokolls mit dem Vermerk "Status fertig" sowie Vorlage der sofortigen Beschwerde mit den Sende- und Rücksendevermerken des Anschlusses, von dem die Beschwerde abgesendet wurde und der den Antrag zurücksendenden Musikschule Bremen hat der Kläger auch glaubhaft gemacht, dass er die Frist des § 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG in Verbindung mit § 567 Abs. 2 Satz 1 ZPO gewahrt hätte, wenn der Telefaxanschluss 3615679 der des Landesarbeitsgerichts gewesen wäre.
d) Daran ändert auch nichts die Tatsache, dass das Telefax am 06.09.2001, wie der Senderkennung zu entnehmen ist, nicht vom Telefaxgerät des Prozessbevollmächtigten des Klägers abgesandt wurde, sondern von dem Telefaxgerät des Steuerberaters B. , das die Telefonnummer 04242931537 hat. Der Bundesgerichtshof hat zwar in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass ein Rechtsmittel durch Telekopie dann nicht wirksam eingelegt wird, wenn die zur Entgegennahme der Rechtsmittelerklärung zuständige Stelle nicht über ein Empfangsgerät verfügt, die Telekopie vielmehr einer privaten Stelle zugeht und von dieser durch Boten der zuständigen Stelle überbracht wird (vgl. BHG NJW 1981 S. 1618 (1619) und NJW 1998 S. 762 (763)). Der Bundesgerichtshof hat dies damit begründet, dass in derartigen Fällen nicht festgestellt werden könne, ob es sich bei der Rechtsmittelerklärung nicht nur um einen bloßen Entwurf handele, sondern um eine für das Gericht bestimmte, diese mit dem Willen des Unterzeichners und unter seiner vollen Verantwortung zugehenden prozessualen Erklärung. Denn die eigenhändige Unterschrift habe nicht nur den Zweck, eine Identifizierung der Person des Absenders zu ermöglichen, sondern sie stelle auch klar, dass die Erklärung mit dem Willen des Unterzeichners dem Gericht zugehe. Diesem Zweck werde nur dadurch genügt, dass die Telekopie so übermittelt werde, dass jede fernere Einflussnahme des Absenders auf den Zugang ausgeschlossen ist. Dies sei nur dann der Fall, wenn das Fernschreiben oder die Telekopie von der zuständigen Stelle selbst empfangen werde oder aber wenn sie der für die Entgegennahme der Erklärung zuständigen Stelle durch die hierfür gesetzlich zuständigen Stellen der Post übermittelt werde. Nur in diesen Fällen könne mit der erforderlichen Gewissheit angenommen werden, dass die Übermittlung zum Zwecke der unbedingten Einlegung des Rechtsmittels in die Wege geleitet worden ist und dass nicht etwa nur der Entwurf einer Rechtsmittelerklärung vorliege. Diese Gewissheit bestehe im Falle der Zwischenschaltung eines privaten Empfängers, der die Weiterbeförderung durch einen Boten besorge, nicht. In dem vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung BGH NJW 1981 S. 1618 (1619) entschiedenen Fall trug der Telekopieantrag, der übermittelt wurde, das Datum vom 20.03.1978, wurde aber bereits am 16.03.1978 durch den Boten einer Zweigniederlassung, an die er von der Hauptniederlassung gefaxt worden war, dem Empfänger überbracht. Von daher hatte der Bundesgerichtshof Zweifel, ob die Telekopie mit dem Willen des Unterzeichners der empfangenen Stelle zugegangen war.
Im vorliegen Fall ergibt sich aus der Senderkennung die sich auf der dem Gericht als Anlage zur sofortigen Beschwerde übersandten Kopie befindet, dass die sofortige Beschwerde von dem Telefaxgerät des Steuerberaters B. mit der Nummer 04242931537 versandt wurde und von der Musikschule am 07.09.2001 an die Telefaxnummer des Prozessbevollmächtigten des Klägers zurückgesandt wurde. Dass hier der Steuerberater B. als Dritter beauftragt wurde, die Sendung an das Landesarbeitsgericht weiterzuleiten, ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen nicht. Allein die Tatsache, dass die sofortige Beschwerde am letzten Tag der Beschwerdefrist nicht von dem Telefaxgerät des Prozessbevollmächtigten des Klägers, sondern von dem Apparat eines Dritten an die im Telefonbuch der Deutschen Telekom für das Landesarbeitsgericht Bremen verzeichneten Telefaxnummer gesendet wurde, lässt keinen Hinweis darauf zu, dass die sofortige Beschwerde nicht mit Wissen und Wollen des Prozessbevollmächtigten des Klägers, der die Beschwerdeschrift unterzeichnet hatte, an das Landesarbeitsgericht übersandt werden sollte. Geht eine von einem Prozessbevollmächtigten unterzeichnete Rechtsmittelschrift dem Rechtsmittelgericht direkt über das Empfangsgerät des Rechtsmittelgerichts zu, kommt es nicht darauf an, ob das Sendegerät des im Briefkopf bezeichneten und die Rechtsmittelschrift unterzeichnet habenden Prozessbevollmächtigten benutzt wurde oder das Gerät eines Dritten. Solange keine anderen Anhaltspunkte erkennbar sind, ist davon auszugehen, dass diese Rechtsmittelschrift mit Wissen und Willen des Unterzeichners dem Rechtsmittelgericht übersandt wurde. Es ist durchaus denkbar, dass dieser Prozessbevollmächtigte sich an einem anderen Ort aufhielt, die Rechtsmittelschrift nicht mehr rechtzeitig persönlich oder durch seine Mitarbeiter beim Rechtsmittelgericht einwerfen konnte, sondern sie z.B. vom Telefaxgerät eines anderen Mandanten dem Rechtsmittelgericht zukommen lässt.
Auch der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung NJW 1998 S. 762 (763) zugelassen, dass eine Rechtsmittelschrift von einem sich nicht in seinem Büro befindlichen Rechtsanwalt der Kanzlei von einem dritten Ort aus zugefaxt wird und von den Mitarbeitern der Kanzlei an das Rechtsmittelgericht weitergeleitet wird. Um so mehr muss von einer gebotenen Klarstellung, dass es sich bei der übermittelten Erklärung nicht um einen bloßen Entwurf, sondern um eine für das Gericht bestimmte, diese mit dem Willen des unterzeichnenden Rechtsanwalts und unter seiner vollen Verantwortung zugehenden prozessualen Erklärung handelte, ausgegangen werden, wenn die von dem Prozessbevollmächtigten unterzeichnete Rechtsmittelschrift direkt dem Rechtsmittelgericht - wenn auch von einem Drittgerät - zugeht.
Im vorliegenden Fall ist die Rechtsmittelschrift zwar direkt nur der Musikschule zugegangen. Dies beruhte aber auf einer die Wiedereinsetzung begründenden falschen Angabe der Telefaxnummer im Telefonbuch der Deutschen Telekom. Für die Frage, ob durch die Absendung der Rechtsmittelschrift am 06.09.2001 die Frist gewahrt worden wäre, ist darauf abzustellen, ob, wenn die Telefaxnummer richtig gewesen wäre, die Rechtsmittelschrift rechtzeitig beim Landesarbeitsgericht eingegangen wäre.
3. Der Kläger hat auch die Frist des § 234 ZPO gewahrt. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist rechtzeitig beim Landesarbeitsgericht Bremen eingegangen. Auch eine Glaubhaftmachung ist erfolgt. Dazu reicht die Vorlage unbeglaubigter Kopien von Schriftstücken aus (vgl. OLG Köln FamRZ 1983 S. 709; BGH-RR 87 S. 900; Thomas-Putzo, ZPO 22. Aufl. § 294 Rdz. 2; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO 59 Aufl. § 294 Rdz. 6).
Mit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist die Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde gewahrt. Diese ist mithin zulässig.
B Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.
Die Kündigungsschutzklage war nachträglich zuzulassen.
1. a) Nach § 5 KSchG setzt die nachträgliche Zulassung einer verspäteten Klage voraus, dass der Arbeitnehmer nach erfolgter Kündigung trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung zu erheben. Den Arbeitnehmer darf demnach kein Verschulden an der verspäteten Klageerhebung treffen. Da er alle ihm zuzumutende Sorgfalt beachtet haben muss, legt das Gesetz einen strengen Maßstab an. Dem Arbeitnehmer darf noch nicht einmal leichte Fahrlässigkeit vorwerfbar sein (vgl. LAG Berlin LAGE § 5 KSchG Nr. 13; KR-Friederich, 5. Aufl. § 5 KSchG Rdz. 10; ErfK-Ascheid, 2. Aufl. § 5 KSchG Rdz. 2).
Bei der Beurteilung der Frage des Verschuldens kommt es darauf an, ob der Arbeitnehmer die nach Lage der Umstände zuzumutende Sorgfalt beachtet hat. Es ist demnach der konkret betroffene Arbeitnehmer in seiner ganz individuellen Situation und nach seinen persönlichen Fähigkeiten zu beurteilen. Es gilt ein subjektiver Maßstab (vgl. KR-Friederich, a.a.O. Rdz. 11; Berkowsky, NZA 1979 S. 352 (354); Kittner-Däubler-Zwanziger, KSchG 5. Aufl. § 5 Rdz. 4).
b) Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt Folgendes:
aa) Entgegen der vom Kläger in der Beschwerdeinstanz vorgetragenen Auffassung, die er mit einem Zitat von Ascheid (ErfK, a.a.O. Rdz. 17) begründet, reicht es zur Wahrung der 3-Wochen-Frist des § 4 KSchG nicht aus, dass dann, wenn die Kündigung im Ausland zugestellt wird, der gekündigte Arbeitnehmer unmittelbar nach Rückkehr aus dem Ausland Klage erhebt.
Im Zeichen der modernen Kommunikationsmittel wie Telefax, Telex, Telegramm, ist es einem Arbeitnehmer zumutbar, aus dem Ausland innerhalb der 3-Wochen-Frist bei einem Arbeitsgericht Klage zu erheben oder aber zumindest eine Person am Ort des zuständigen Arbeitsgerichts mit der Wahrnehmung seiner Interessen - also der Erhebung der Klage - zu beauftragen. Auch im Ausland ist es möglich, wie gerichtsbekannt ist, Telefonnummern, Telefaxnummern und Anschriften von Gerichten oder Prozessbevollmächtigten herauszubekommen, z.B. durch eine Auslandsauskunft oder durch einen Anruf bei Bekannten in Deutschland. Dies ist einem gekündigten Arbeitnehmer auch zumutbar, da er alles ihm mögliche unternehmen muss, um die Frist zu wahren (vgl. im Ergebnis auch KR-Friederich, a.a.O. Rdz. 35 b + 61 a).
bb) Der Kläger kann auch nicht damit gehört werden, er sei vollkommen mittellos gewesen und habe deshalb noch nicht einmal Geld zum Telefonieren gehabt. Der Kläger hat zum einen selbst vorgetragen, dass sein Bruder ihm Geld für die Rückfahrt geschickt habe, dass er am 24.01.2001 erhalten habe. Zu diesem Zeitpunkt war die 3-Wochen-Frist noch nicht abgelaufen. Der Kläger hätte also spätestens zu diesem Zeitpunkt von dem ihm zur Verfügung stehenden Geld ein Telefax an das Arbeitsgericht oder an einen Anwalt senden können. Darüber hinaus wäre es dem Kläger auch zumutbar gewesen, die für ihn zuständige Botschaft in Bukarest aufzusuchen und diese um Übersendung des Telefax zu ersuchen. Dass die deutsche Botschaft, die der Kläger aufgesucht hat, für ihn nicht zuständig war, entlastet den Kläger nicht, da er die für sein Land zuständige US-Botschaft hätte aufsuchen können.
cc) Die Kündigungsschutzklage ist aber deshalb nachträglich zuzulassen, weil der Kläger von der deutschen Botschaft eine falsche Auskunft über die Klagefrist erhalten hat.
Hat der Arbeitnehmer Rechtsrat eingeholt, trifft ihn bei einer Falschauskunft kein Verschulden, wenn er von der Kompetenz des um Rat Befragten oder der um Rat befragten Stelle ausgehen konnte (vgl. ErfK-Ascheid, a.a.O. Rdz 7). Andere Autoren sprechen davon, dass der Arbeitnehmer auf die Auskunft "einer zuverlässigen Stelle" vertrauen darf (vgl. KR-Friederich, a.a.O. Rdz. 30).
Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass § 5 KSchG einen streng subjektiven Maßstab anlegt, sieht die Kammer die Auskunft einer deutschen Botschaft, die ein Arbeitnehmer in einem osteuropäischen Land um Rat fragt, als die einer zuverlässigen Stelle an. Der Kläger, dem die Kündigung in Rumänien zuging, hatte vor Ort keine andere Möglichkeit als die deutsche Botschaft um Rat zu fragen. Wenn die Mitarbeiter der deutschen Botschaft dem Kläger nicht mitgeteilt haben - für eine solche Annahme besteht kein Anlass -, sie seien nicht kompetent, sie könnten zu den Klagefristen nichts sagen, sondern - wie der Kläger an Eides statt versichert hat - ihm eine falsche Auskunft über die Klagefrist geben, durfte der Kläger auf diese Auskunft vertrauen. Der Kläger konnte davon ausgehen, dass eine deutsche Botschaft, die auch für die Arbeitnehmer in diesem Land zuständiger Ansprechpartner ist, entweder eine richtige Auskunft zu Klagefristen gibt oder aber auf ihre Inkompetenz hinweist. Dass die Mitarbeiter der deutschen Botschaft - wie der Kläger im Übrigen durch seine eidesstattliche Versicherung dargetan hat - sich als für den Kläger nicht zuständig bezeichneten, ändert an der Rechtslage nichts. Wenn einem Arbeitnehmer, der in Deutschland tätig ist, von der deutschen Botschaft eine Rechtsauskunft gegeben wird, kann er auch dann, wenn er nicht deutscher Staatsangehöriger ist, auf die Richtigkeit dieser Auskunft vertrauen, insbesondere wenn es um Fristen geht.
dd) Der Kläger hat auch durch seine eidesstattliche Versicherung ausreichend glaubhaft gemacht, dass er die entsprechende Auskunft von der deutschen Botschaft erhalten hat.
Der Auffassung des Arbeitsgerichts, eine Glaubhaftmachung sei nicht in ausreichendem Maße erfolgt, da der Prozessbevollmächtigte der Beklagten an Eides statt versichert habe, der Kläger habe ihm gegenüber erklärt, er habe sich bei der Angestelltenkammer und auch bei einem Rechtsanwalt "hinsichtlich der Einlegung der Kündigungsschutzklage erkundigt", folgt die Beschwerdekammer nicht.
Zum einen hat der Kläger neben seiner in der Klageschrift enthaltenen eidesstattlichen Versicherung, mit der er die Rechtsauskunft der deutschen Botschaft in Bukarest glaubhaft gemacht hat, seinerseits im Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht an Eides statt versichert, dass er diese Äußerungen in dem Gespräch nicht gemacht habe. Selbst wenn man - wie wohl das Arbeitsgericht - bzgl. dieser Äußerungen von einem non liquet ausgehen würde, weil der Prozessbevollmächtigte der Beklagten das Gegenteil an Eides statt versichert hat, so ergibt sich aus diesen Äußerungen nicht, dass der Kläger tatsächlich sich bei der Angestelltenkammer und bei einem Rechtsanwalt in Deutschland erkundigt hat. Wenn der Kläger aus Rumänien mit dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten telefoniert, so wollte er ganz offensichtlich in diesem Telefongespräch erreichen, dass die Kündigung nicht aufrecht erhalten wird. Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, greift ein Arbeitnehmer, der weit entfernt von dem Sitz seines Arbeitgebers in einem osteuropäischen Land sitzt, zum einen gerne zu Übertreibungen, zum anderen wird der Hinweis auf Anwälte und Gewerkschaften oder Arbeitnehmerkammern auch häufig dazu benutzt, um den rechtlichen Ausführungen oder Rechtsauffassungen den nötigen Nachdruck zu verleihen, ohne dass damit feststeht, dass diese Stellen bereits um Rat gefragt worden sind.
Es kann deshalb durchaus unterstellt werden, dass der Kläger diese Äußerungen in dem Telefongespräch gemacht hat. Dass er tatsächlich sich Rechtsrat von der Angestelltenkammer und/oder einem Anwalt geholt hat, ist dadurch von keiner Seite glaubhaft gemacht worden. Ganz abgesehen davon erscheint es der Kammer auch gewagt, Äußerungen, die in einem Telefongespräch, dessen Inhalt im Übrigen nicht vorgetragen wurde, die also auch aus dem Zusammenhang gerissen worden sein können, die zudem anderen glaubhaft gemachten Aussagen widersprechen, ein solches Gewicht beizulegen, dass dadurch der Sachvortrag, nur die deutsche Botschaft sei um Rechtsrat gebeten worden, als erschüttert anzusehen ist.
Der Vortrag des Klägers hätte evtl. dadurch erschüttert werden können, dass die Beklagte das gesamte Telefongespräch, das ihr Prozessbevollmächtigter mit dem Kläger, der sich in Rumänien aufhielt, geführt hatte, dargelegt hätte. Dann wäre eine Beurteilung, wie weit durch diese Äußerungen die glaubhaft gemachten Tatsachen des Klägers hätten erschüttert werden können, möglich gewesen. Allein mit den aus dem Zusammenhang gerissenen Worten des Klägers, die dieser gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Gegners gemacht haben soll, kann die in der Klageschrift enthaltene eidesstattliche Versicherung des Klägers nicht erschüttert werden.
Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Kläger lediglich die deutsche Botschaft in Bukarest um Rechtsrat ersucht und konkret nach einer Klagefrist gefragt hat.
2. Auch die formellen Voraussetzungen sind erfüllt, insbesondere ist der Antrag rechtzeitig nach § 5 Abs. 3 KSchG gestellt.
Antrag und Klageschrift sind am Tage, an dem das Hindernis im Sinne von § 5 Abs. 3 KSchG wegfiel, beim Arbeitsgericht Bremen erhoben worden.
Nach allem war auf die sofortige Beschwerde der Beschluss des Arbeitsgerichts abzuändern und die Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen.
III
Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben, § 78 ArbGG.
Ende der Entscheidung
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